Essstörungen

Die Behandlung von Essstörungen - von Anorexia nervosa bis Adipositas

Autor: Michael Noack

Essstörungen und Fettsucht

Allgemeines
Von Adipositas oder Fettsucht spricht die Medizin erst, wenn das Körpergewicht mehr als 20 Prozent über dem Sollgewicht liegt. Das Sollgewicht wird mit dem Bodymass Index (BMI) errechnet, der den individuellen Konstitutionstyp mit berücksichtigt. Die Formel für die Berechnung des BMI ist:

BMI = Gewicht  /  (Größe)²
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat in ihrem Report 1995 und 1998 Übergewicht und Adipositas folgendermaßen klassifiziert:
Normalgewicht BMI = 18,5 - 24,9 
Übergewicht BMI= 25,0 - 29,9
Adipositas Grad I BMI=30,0 – 34,9
Adipositas Grad II BMI= 35,0 – 39,9
Extreme Adipositas Grad III=ab 40,0

Man geht davon aus, dass ungefähr die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland übergewichtig ist. Ursache können neben der durch unterschiedliche Zusammenhänge verursachte erhöhten Nahrungszufuhr auch körperliche Erkrankungen, z. B. hormonelle Störungen, sein. Auch genetische Faktoren spielen für die Entstehung von Adipositas eine bedeutende Rolle.
Und vergessen wir nicht, dass solchen Erkrankungen immer auch ein tief gehendes, seelisches Problem zugrunde liegen kann. Essen ist ein Vehikel der Bewältigung von Ängsten, Kränkungen oder Depressionen. Übermäßiges Essen kann ein Zeichen der Selbstzerstörung sein oder auch unterdrückte Aggressionen signalisieren. Bei Frauen kann Adipositas auch Ausdruck einer meist unbewussten Unzufriedenheit mit ihrer Rolle sein.

Grundsätzliches zum Thema Abnehmen

„Morgens sollst du essen wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettelmann.“
Fast ein jeder kennt diesen Spruch. Schon unsere Großmütter haben ihn uns eingeprägt. Nur wenige nehmen ihn tatsächlich zur Kenntnis. Dabei hat sich erwiesen, dass jede konsequente Umstellung der Essgewohnheiten auf Grundlage dieser einfachen Weisheit innerhalb kürzester Zeit eine Gewichtsreduktion von 3 bis 4 kg erbringt, ohne Kur und ohne das der Patient sein Essen quantitativ einschränken muss.
Erwarten Sie keine radikale Gewichtsreduktion allein durch die Ohrakupunktur. Sie hat eine regulierende Wirkung auf das Essverlangen. Sie reduziert Entzugsfolgen wie Tremor, Nervosität, Aggressivität, Kreislaufbeschwerden, Übelkeit, Essverlangen und bewirkt, dass sich das krankhafte Verhältnis des Patienten zum Essen reguliert/verändert. Aber sie „macht“ nicht einfach nur dünner. Wer richtig abnehmen will, muss mehr tun, als nur Suchtakupunktur!
Immerhin, eine Patientin berichtet nach einer Suchtakupunktur ohne Begleitprogramm, sie könne jetzt ohne Furcht essen. Sie verzehre nur, was sie tatsächlich benötigt. Das dominierende Essverlangen wäre weg, sie könne aufhören zu essen. Davon wird man auch schlank. Aber es dauert!
Die beste Zeit für eine Reduktionskur ist der Frühling mit seiner jungen Kraft. Herbst und Winter sind dafür wenig geeignet. Während Schwangerschaften und Stillzeiten ist das Abnehmen nicht anzuraten. Auch bei Menschen im höheren Lebensalter ist das Abnehmen nicht mehr so einfach.
Es gibt „ viele Wege nach Rom“ und es gibt unterschiedliche Konzepte und Kombinationen für die Suchtbehandlung. Das ist wichtig, denn genau genommen, benötigte jeder Mensch entsprechend seiner Konstitution seine besondere Kur. Wir brauchen also Informationen über den Patienten, wollen wir ihn gut behandeln. Daher muss vor der Behandlung mit dem Patienten eine Besprechung durchgeführt werden, bei der Ablauf der Kur und die Probleme des Entzugs erörtert werden. Es ist vorher festzulegen, welche Form der Kur, also Umfang und Ablauf, für den Patienten angemessen ist.
Ist die Entscheidung gefallen, wird der verantwortungsvolle Behandler sich zunächst vergewissern, weshalb die/der „Dicke“ so ist, wie sie/er ist. Und wenn der Patient eigentlich gesund ist und seine leiblichen Ausmaße seiner Veranlagung entsprechen, sollte man ihr/ihm klarmachen, dass die angestrebte Magerkeit für sie/ihn Krankheit bedeuten muss.

Nicht jeder runde Mensch ist krank!

Behandlungskonzepte

Jeder, der sein Gewicht reduzieren will, sollte dies auf natürliche, den eigenen körperlichen Möglichkeiten angemessene Weise tun. Jeder benötigt dafür seinen eigenen Weg. Aber immer gilt der Grundsatz:

„Wer stark, gesund und jung bleiben will, übe den Körper, atme reine Luft und heile sein Weh eher durch Fasten als durch Medikamente“ (Hippokrates).

Das Wissen um die reinigende und erneuernde Kraft des Fastens, d. h. durch die zeitweilige, freiwillige Beschränkung oder völlige Einschränkung fester Nahrung, ist sehr alt. In zahlreichen Kulturen dient das regelmäßige Heilfasten der Reinigung von Körper und Seele, befreit von Niedrigem und Krankhaftem. Lernen wir, dass sich die Alten in ihrer Weisheit Fastenkuren unterzogen, um daraus Kräfte für ihre geistige Arbeit zu schöpfen. 
Wer nach einer Reduktionskur wieder an Gewicht zulegt und gar noch dicker wird, hat etwas falsch gemacht. Die richtige Kur sichert, dass sich das eigene Verhältnis zur Nahrungsaufnahme grundlegend ändert und der sogenannte „Jo-Jo-Effekt“ ausbleibt.

Die Grundlage der nachfolgend vorgestellten Konzepte ist die Suchtakupunktur über das Ohr. Jede Kur beginnt damit und wird durch sie begleitet. Es ist zwingend notwendig, dass der Patient neben der Hilfe, die wir ihm leisten können, seinen eigenen Willen einbringt. Jeder Patient ist  unterschiedlich positioniert.
Die Palette der Begleitprogramme reicht vom konsequenten Fasten über eine strenge Reduktionsdiät bis zur moderaten Veränderung des Essverhaltens ohne zur Akupunktur zusätzliche Maßnahmen. Die Patienten müssen sich bewusst entscheiden und wissen, worauf sie sich einlassen.  Eine Begleitbehandlung mit homöopathischen oder phytotherapeutischen Mitteln ist während der Akupunkturbehandlung immer dann anzuraten, wenn es Stoffwechselprobleme gibt, die sich auf das Wohlbefinden des Patienten auswirken.
Der eine ist entschlossen und geht seinen Weg ohne große Anleitung, der andere hat weniger Energie und infolge dessen einen höheren Betreuungsbedarf. Bei der Wahl der Behandlungskonzepte gehen wir also von zwei grundsätzlich festzustellenden Patientensituationen aus.

1. Es liegt ein deutliches Übergewicht vor. Das beruht aber auf einer überschaubaren, eine unproblematische Genese. 
2. Die Ursachen für Übergewicht sind auf krankhafte Stoffwechselstörungen zurückzuführen. 

Danach wählen wir die Strategie, mit der wir ins Ohr gehen. Die Suchtakupunktur ist das Gerüst. Sie begleitet jede, wie auch immer geartete Diät. Und diese ist die zusätzliche, ergänzende Behandlungsmaßnahme. Sie reicht von der einfachen Veränderung der Essgewohnheiten über die  Reduktionsdiät, mit durchschnittlich 900 kcal. pro Tag, bis zur rigorosen Entschlackung mittels einer sog. „0-Diät“.

Konzept I: Deutliches Übergewicht bei unproblematischer Genese
Die meisten Patienten entscheiden sich für Konzept I. Es beruht auf einer Behandlung mit Dauernadeln, die dreimal im Abstand von jeweils 2 Wochen durchgeführt wird und einer Reduktionsdiät oder einer Fastenkur, die mindestens 14 Tage dauern sollen - aber auch länger durchgeführt werden können. Der Ablauf der Kur wird vorab mit dem Patienten besprochen.
Achtung: Bei einer Fastenkur sollte man die Dauer vorher festlegen. Es fällt dem Patienten dann leichter die Kur durchzuhalten.

112. Übergewicht - Konzept I
Abb: Übergewicht - Konzept I

Die Punkte für die Dauernadeln sind „Antiaggression“, „Begierde“ und der Punkt „Essverlangen“ (Fresspunkt). Man findet sie im Ohr wie folgt:
Antiaggression: Der Punkt liegt auf dem Lobulus medial unterhalb der Inscisura intertragica. Er wird von unten nach oben in den Knorpel gestochen.
Begierde: Der Punkt liegt im Schnittpunkt einer horizontalen Linie mit dem Ohrrand auf dem äußeren Rand des Lobulus. Die Linie verläuft parallel der Anthelixbasis durch den Antiaggressionspunkt.
Essverlangen: Dieser Punkt liegt auf dem Magensegment in Höhe Cervicale 7/Thoracale 1 der
Vormauer (im endokrinen Bereich). Er ist sehr sorgfältig aufzusuchen und zu nadeln, denn in unmittelbarer Nähe liegt auf dem gleichen Segment – allerdings auf dem Conchaboden nahe dem Magenfeld – ein Punkt, der den Appetit erhöht.

Die Behandlung beginnt  nach einer Eingangsuntersuchung immer mit einer „Darmreinigungsphase“ von 3 bis 5 Tagen.

Konzept II: Problematische Genese u. a. in Folge von Krankheit oder im Zusammenhang mit  psychosomatischen Ursachen.

Wenn es sich zeigt, dass ein höherer Betreuungsbedarf besteht, wird die Behandlung über das Ohr wöchentlich durchgeführt. In diesem Fall werden keine Dauernadeln zur Anwendung gebracht. Die Behandlung erfolgt dann 5 x im Abstand von einer Woche.
Der jeweilige Behandlungsablauf wird durch die Strategie, in einzelnen Schritten dem Beschwerdebild zu folgen, bestimmt. Das heißt, zunächst werden entsprechend der Behandlungsstrategie Behandlungsstrahl, Polster und Korrespondenzpunkte aufgesucht und behandelt. Hierzu ergänzend dann werden Punkte genadelt, die entsprechend der Suchtbeschwerden besonders virulent sind. Das ist von Person zu Person ganz unterschiedlich und wir können hier nur die Gesamtheit der möglicherweise notwendigen Punkte darstellen. In der Regel sind das zunächst die drei auch für die Dauernadel vorgesehenen Punkte „Antiaggression“, „Begierde“ und „Essverlangen“. 113. Übergewicht Konzept II

Abb.: Übergewicht - Konzept  II

Des Weiteren ist es notwendig den Leberstoffwechsel anzuregen. Hierzu sind neben einem Leber - Organpunkt alle Punkte auf der Helixkrempe zu prüfen. Die Helix ist aus chinesischer Sicht der Spiegel der Leber und alle Punkte auf der Helix haben gewissermaßen auch Wirkung auf den Leberstoffwechsel. Zur Entspannung kann man zusätzlich Punkte, wie Hüfte (Shen men), den Point de Jérôme, Punkte im Lungenfeld (Lungendreieck) und auf dem Tragus in die Behandlung einbeziehen.

Die Diätprogramme

Unsere begleitende Diät ist normaler Weise nach zwei Wochen (bei der Fastenkur kommt noch eine Woche so genanntes Fastenbrechen hinzu) beendet. Der Patient kann, obwohl die Kur bis zur 5. Woche weiterläuft, schon während der Behandlung zu seinem gewohnten Ernährungsritual zurückkehren. Bei einer Reduktionsdiät ist die Empfehlung, die Diät in den nächsten 2 Wochen bis zum Behandlungsende weiterzuführen. Das gestaltet den Effekt der Kur nachhaltiger.

Keine Diät sollte beim ersten Mal kürzer als zwei Wochen sein. Längere Zeiträume sind möglich.

Die Fastenkur
Die Fastenkur (Nulldiät) führt zum Ausleiten und Entschlacken durch Wässer und Tees. Die Versorgung des Organismus mit Mineralstoffen wird durch durch Säfte usw. gesichert.
Die Dauer des Fastens sollte zwei Wochen nicht unterschreiten. Ein kürzerer Zeitraum ist nicht sinnvoll. Man kann die Diät aber verlängern, wenn der Patient es will und die Betreuung gesichert ist.  Besonderes Augenmerk ist in dieser Zeit auf die Versorgung mit Mineralstoffen zu richten. Treten während einer Kur Mineralstoffmängel auf, wird der Patient sofort krank. Die Versorgung mit Eiweißen realisiert der Organismus für eine abgegrenzte Zeit aus den eigenen Ressourcen. Länger als 6 Wochen sollte eine sog. 0-Diät auf keinen Fall durchgeführt werden.
Und natürlich: Eine Diät muss so flexibel sein, dass jederzeit auf die persönlichen Voraussetzungen (Gesundheitsgrad, Stoffwechselanomalien usw.) der Patienten reagiert werden kann.

Über den Zeitraum von 4 Wochen ist auch eine 0-Diät ohne Gefahr für die Gesundheit! Über 6 Wochen hinaus ist die 0-Diät allerdings auf keinen Fall weiterzuführen. Im Falle der Beendigung des Fastens muss das einwöchige „Fastenbrechen“ durchgeführt werden. Diese Phase des Übergangs zur Rückkehr in die normale Ernährung ist unbedingt einzuhalten.

Nicht jeder ist in der Lage, diese konsequente Form zu realisieren. Insbesondere ältere Menschen benötigen sanftere Alternativen.

Den Einstieg in eine Fastenkur nennt man Einleitungsphase. Diese dauert max. eine Woche. In dieser Zeit werden die Teilnehmer auf die Fastenkur vorbereitet und eingestellt. Der erste Schritt ist die Einführung in eine veränderte Ernährung und die Reinigung des Darms. Der Patient sorgt zum Beispiel mit dem FX - Passagesalz für eine ordentliche Ausleitung über den Darm, und dafür, dass sein Darm entschlackt wird.

Nach der Einleitungsphase beginnt das Fasten zeitgleich mit der ersten Behandlung im Ohr. Das ist häufig der schwerste Teil der Kur und er misslingt gründlich, wenn sich der Patient nicht ausreichend darauf vorbereitet. Zunächst müssen die Tees und Säfte vorhanden sein. Dann muss das Prozedere klar sein und Strategien mit dem Therapeuten besprochen sein, wie bei Schwierigkeiten zu reagieren ist. Im weiteren Verlauf hat ein gesunder Mensch mit der Reduktion keine Probleme.

Nach beendeter Reduktionsphase einer solchen Fastenmaßnahme, muss zwingend ein Übergang zum normalen Leben erfolgen, diesen Übergang nennt man  „Fastenbrechen“. Erst durch die allmähliche Umstellung des Körpers auf die normale Ernährung ist die der Kurerfolgs nachhaltig zu sichern. Wichtig ist, dass die Umschaltung langsam und stufenweise geschieht. Das Fastenbrechen dauert in der Regel eine Woche.

Die Kur mit der Reduktionsdiät
Nicht in jedem Falle ist die Konsequenz einer Fastenkur notwendig. Es hat sich herausgestellt, dass allein eine Ernährungsumstellung nach dem Prinzip:

Morgens essen wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettelmann“

in Verbindung mit der Ohrakupunktur eine Gewichtsreduktion bis zu 5 kg Körpergewicht bringt.
Man ändert seine Essgewohnheiten ohne weniger zu essen. Das sieht folgendermaßen aus: morgens gibt es ein kontinentales Frühstück, mittags einen leicht verdauliche Eintopf (Trennkost!?) und abends vor 18:00 Uhr eine leichte Mahlzeit (Weißbrot und Tee). Die letzte Mahlzeit an diesem Tag.  Danach wird nicht mehr gegessen!!!! Vor allem frische Obst- oder Gemüsesalate sind absolut verboten!
Aus chinesischer Sicht (Chinesische Organuhr)  wird der Magen in der Zeit von 7:00 Uhr bis 9:00 Uhr energetisch besonders gut versorgt. Hier sind Nahrungsaufnahme und Verdauung am wenigsten problematisch und man kann unbesorgt alles essen, zu dem man Lust hat.
Von 13:00 Uhr bis 15:00 Uhr ist Dünndarmzeit . Im Dünndarm werden in erster Linie Kohlenhydrate und Fette umgesetzt. Also entlastet  man den Körper, wenn mittags die Ernährung entsprechend zusammengestellt wird (Eintopf!?). 
Vor 18:00 Uhr kann man noch ein wenig leicht Verdauliches zu sich nehmen. Aber später nicht mehr! Da die Darmperistaltik in der Regel gegen 18:00Uhr aufhört, bleibt alles was später gegessen wird angedaut im Darm stehen und gärt. Da sitzen sie mit schweren Bächen vor dem Fernseher.  Und durch den Gärprozess entstehen während der Krimi im Fernseher läuft, Gase, Fuselstoffe. Diese müssen durch die Leber entgiftet werden und belasten den Leberstoffwechsel. Dann schläft man schlecht, muss nachts aufs Örtchen und ist morgens unausgeschlafen und ärgerlich. Mancher hat morgens einen „Kater“, nur weil er abends einen Obstsalat gegessen hat.
Abgesehen davon sollte man auch deshalb abends nicht mehr essen, weil die Verdauung Schwerstarbeit für den Organismus ist und diese in einer Zeit abverlangt wird, in der sich der Körper erholen soll.

Ansonsten ist jede ernsthafte Reduktionsdiät geeignet die Suchtakupunktur zu begleiten. Zu  empfehlen ist eine eiweißarme Diät, die den Prinzipien des Körperrhythmus folgt. Leicht ist so eine Kur nicht! In der Regel stellt jeder, der sich darauf einlässt, sein Leben auf den Kopf. Es ist daher wichtig, dem Patienten genau vorzugeben, wie die Kur zu verlaufen hat. Dazu gehört ein Rezeptkatalog für die Reduktionskur und eine Vorgabe für die Gestaltung des Tagesablaufs bei einer Fastenkur. Geben Sie die Zeiten und den Inhalt jeder Mahlzeit vor, sonst scheitert eine Kur bevor sie begonnen hat.

Die  Behandlung von Anorexia nervosa und Bulimie

Es hat sich gezeigt, dass sich die Behandlungsstrategien bei Übergewicht und ganz augenscheinlich gegensätzlichen Krankheiten wie Anorexia nervosa und Bulimie überraschend Übereinstimmungen aufweisen. Ich habe durch diese Erkenntnis solchen Kranken helfen können, zu denen wir sonst kaum Zugang haben.

Unter Anorexia nervosa oder Magersucht versteht man eine Essstörung, die durch starken Gewichtsverlust  (bis zu 50% des Ausgangsgewichts) gekennzeichnet ist, weil die Betroffenen Essen nicht mehr zulassen können. Eine solche Erkrankung tritt auf, wenn der junge Mensch sich überfordert fühlt und ihm bei der Lösung seiner Probleme nicht geholfen wird. Es entsteht ein tiefes Gefühl der Orientierungslosigkeit und Unsicherheit. Erst die ängstliche Kontrolle über  das Körpergewicht durch Nahrungsverzicht vermittelt ihm ein trügerisches Gefühl der Sicherheit. Das Körpergewicht wird eine wichtige Quelle für das Selbstwertgefühl. Aber die gravierende Mangelversorgung erzeugt schwere körperliche Schäden, einerseits durch Hormonstörungen mit entsprechenden Folgen auf die Entwicklung der Persönlichkeit und andererseits auf die körperliche Entwicklung. (Ausbleiben der Menstruation, Ausbleiben der Herausbildung sekundärer Geschlechtsmerkmale, Muskelschwäche, Kreislaufprobleme, Probleme der Persönlichkeitsentwicklung, die einhergehen mit eklatanten Schwächen bei der Bewertung und Realisierung sozialer Beziehungen usw.) Einerseits können die betroffenen Personen ihre Aufgaben ordentlich und akkurat erledigen, andererseits zeichnen sie sich bei ihrer privaten Lebensgestaltung durch Hilflosigkeit und einen hohen Grad von Infantilismus aus. Typischerweise sind in erster Linie junge Frauen betroffen. Der Krankheitsbeginn liegt meist in der Pubertät.

Die Bezeichnung „Bulimia nervosa“ bedeutet sinngemäß „Ochsenhunger“ (der Anhang „nervosa“ deutet auf psychische Ursachen hin) und steht für ein Krankheitsbild, das in der Umgangssprache häufig „Fress-Kotz-Sucht“ genannt wird. Bulimie ist eine Essstörung mit Heißhungerattacken und Essanfällen, der selbst ausgelöstes Erbrechen und häufig Missbrauch von Medikamenten zur Verhinderung von Gewichtszunahme folgen. Man muss davon ausgehen, dass solche Lebensstrategien mit Hilflosigkeit (in sozialen Konflikten) und in Folge dessen mit sehr viel Zorn zu tun haben. In der Tat ist ja Fressen und darauf folgendes Erbrechen extrem schwächend und wird ganz offensichtlich benutzt, um mit dem inneren, mentalen Druck fertig zu werden. Im Gegensatz zur Anorexia sind die Betroffenen jedoch meist normalgewichtig. Weit über 90% der Betroffenen sind Frauen.
Sehr häufig sind beide Erkrankungen zu einem Bild verschmolzen. Die absolute Enthaltsamkeit eines Anorexia-Patienten sorgt für zu Mangelerscheinungen im Organismus, die irgendwann nicht mehr ertragen werden und suchtartige Fressanfälle erzeugt. Der Patient reguliert sich jetzt durch sofortiges Erbrechen des Aufgenommenen. In solchen Fällen reduziert sich jegliche Versorgung auf die Fressanfälle und das unmittelbar darauf folgenden Erbrechen. Immerhin sorgt das für eine lebenserhaltende Minimalversorgung, denn zusätzlich wird kaum noch etwas aufgenommen. Die Patientin ist extrem unterversorgt und kann sich aus diesem Zustand unter keinen Umständen befreien

Die Behandlung

Krankheiten wie die Anorexia nervosa sind im Endeffekt reine Mangelkrankheiten. Heilung kann nur durch die Sicherstellung einer ausreichenden Grundversorgung erzeugt werden. Die Patienten benötigen Kraft, um ihre Situation verändern zu können. Aber sie haben keine Kraft, weil der Organismus nicht angemessen versorgt wird. Wenn es ein zentrales Problem nicht gäbe, dass den rationalen Verstand solcher Patienten in dieser Sache nicht zulässt, könnte man sagen, „iss was Kind“.
Das Problem ist, ein Anorexia-Patient lässt nichts zu, was die Kontrolle über das eigene Körpergewicht infrage stellt.  Der Logik, wenn der Körper besser versorgt wird, geht es dem Patienten besser, kann er ohne Hilfe (Hilfe, die der Betroffene annehmen kann!) nicht folgen. „Da liegt der Hund begraben“, es muss sich um einen Weg handeln, den der Patient gehen kann, ohne besorgt zu sein. Er weiß, wie wir es wissen, der Körper reagiert auf eine länger währende Mangelernährung mit einem „Notprogramm“, um auch mit Wenigem über die Runde zu kommen. Bei einem Übergang  zur Normalversorgung muss selbst die einfachste Nahrungsaufnahme die Gefahr verstärkter Gewichtszunahme bedeuten. Um dieses zu vermeiden, muss der Organismus regulierend auf  dem Weg zu einem normalen Stoffwechselverhalten begleitet werden.
Wir suchen also nach einem Weg, den der Patient obwohl er alles zunächst ablehnt, akzeptieren kann und der eine Grundversorgung sichert, ohne das er zunimmt.

Der wichtigste und erste Schritt ist die Versorgung mit Mineralstoffen. Der Mensch ist krank, wenn Mineralstoffe fehlen oder nicht in einem notwendigen Gleichgewicht im Organismus vorhanden sind. Also wird sich sein Zustand allein dadurch bessern, wenn in steigendem Maße Mineralstoffe substituiert. Das geht nur, wenn die Patientin dies zulässt. Die argumentative Ebene ist jetzt: Wir benutzen wir den gleichen Weg, den wir bei einer Fastenkur gehen. Auch hier wird nichts gegessen. Das notwendige Gleichgewicht im Organismus wird über eine überschaubare Zeit allein durch eine ausreichende Versorgung mit Mineralstoffen und Salzen sowie durch Unterstützung bei Ausleitungen erreicht. Die Substitution von Mineralstoffen erfolgt durch den Genuss von Gemüsesäften oder mit Hilfe von Mineralstoffzusätzen im Trinkwasser. Trinken geht in der Regel auch für den Betroffenen ohne Angst.
Durch diese Maßnahme beginnt sich der Organismus Schritt für Schritt zu erholen und langsam die Kraft zu generieren. Eine Kraft, die der kranke Mensch braucht, um seine Strategien ändern zu können. Die seinen waren falsch und es ist  ein langer Weg, um sich davon zu lösen und neue Verhaltensweisen zu erproben. Da muss jeder Schritt ein erstes Mal gegangen werden. Und nur Schritt für Schritt wächst die Erfahrung, die die Angst ablöst.

Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Ohrakupunktur. Sie entspannt, vermindert Suchtverhalten, nimmt den Zorn und reguliert den Organismus  hinsichtlich des Essverhaltens.
Wir behandeln auch hier auf die gleiche Art und Weise, wie wir sie von der Suchtakupunktur kennen. Allerdings werden keine Dauernadeln zur Anwendung gebracht. Die Behandlung erfolgt wöchentlich nach der bekannten Strategie: Grundbehandlung (Arbeitsstrahl, Polster, Korrespondenzen) plus ergänzende, durch die personotrope Situation erzeugte Punkte.
Im Schwerpunkt kommt es darauf an, zu entspannen sowie Stoffwechsel und die Nutrition zu regulieren. Wichtig ist als Erstes der Leberstoffwechsel. „Aus der Leber kommt der Zorn“, sagen die Chinesen. Und Zorn hat es zur Genüge in diesem Krankheitsbild. Hierzu sind neben „Leber“ alle Punkte auf der Helixkrempe zu prüfen. Die Helix ist aus chinesischer Sicht der Spiegel der Leber, und so haben Punkte auf der Helix gewissermaßen auch Wirkung auf den Leberstoffwechsel.  Zur weiteren Entspannung sind die Punkte  „Antiaggression“, „Begierde“ und „Essverlangen“ (letzterer in der Vormauer in Höhe des Magenareals) sowie Punkte, wie „Hüfte“, „Point de Jérôme“ , sowie Punkte im Lungenfeld (Lungendreieck) und auf dem Tragus in die Behandlung einzubeziehen.
Eine besondere Rolle könnte auch der Bordiol oder R-Punkt spielen. Die Innervation dieses Punktes kann zu einer Aufarbeitung der seelischen Blockade führen, die möglicher Weise der Schlüssel für eine solche Erkrankung ist.

Zum Schluss eine ebenso wichtige wie einfache Erkenntnis:

„Es geht nur, was auch wirklich geht!“

Etwas funktioniert nur, wenn die Voraussetzungen dafür vorhanden sind. Wenn die Strategie,  mit  man etwas zu ändern wünscht, nicht funktioniert, muss man sie verändern. Wenn man nicht selber drauf kommt, muss man sich helfen lassen. Auf keinen Fall ist einer, der allein keinen Ausweg aus seiner Situation findet, ein schwacher Mensch. Für Krankheit muss man sich nicht rechtfertigen!

 

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Stand:  Donnerstag, 22. Februar 2024